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Letzte Woche Donnerstag haben wir dich am Frankfurter Flughafen für die folgenden 317 Tage verabschiedet. Das ist jetzt schon eine Woche her – gefühlt, bist du gerade erst gestern durch die Zollkontrolle gegangen.
Du bist schon öfters alleine von zu Hause weg gewesen. Auf Austauschfahrten mit der Schule, Ferienfreizeiten mit Organisationen oder wie letztes Jahr für zwei Wochen in England bei einer Gastfamilie. Irgendwie war das nie ein großes Thema bei uns – wir wussten ja, nach spätestens zwei Wochen kommst du wieder zurück. Eine überschaubare Zeit, für alle Beteiligten. Da konnte ich es auch gut vertragen, wenn wir einmal für drei Tage keinen Kontakt hatten. Heute aber fällt es mir deutlich schwerer und ich werde von Mama ermahnt, nicht soviel im WA-Familienchat zu fragen 🙁
Umso glücklicher bin ich aber jetzt gerade, weil du dich mit uns für 13:00 Uhr zum Videotelefonat verabredet hast. Ich denke, dann ist es bei dir doch schon 22:00 Uhr – ziemlich spät. Vorher hast du aber keine Zeit, weil du jetzt noch einmal schwimmen gehst. Um 20:00 Uhr deiner Zeit – im Meer, es sei ja schließlich warm genug schreibst du.
Du schickst ein Bild mit einem abgetrennten Poolbereich vom Meer. Ziemlich cool – und das quasi direkt von deiner Haustüre. Ich will es natürlich genau wissen und stalke schon wieder 😯 Ah, Rock Pool heißt der Strandabschnitt und habe jetzt ein Gefühl dafür, was du gerade tolles erlebst.
Foto: PrivatQuelle: Googlemaps (unbeabsichtigte und unbezahlte Werbung)
Und dann, endlich 13:00 Uhr unserer Zeit – 22:00 Uhr deiner Zeit, das Videotelefonat! Es geht dir gut und wir spüren, dass du bereits einen Alltag lebst. Der Tag würde schnell vorüber gehen – du hast von 8:45 bis 15:00 Uhr Schule und danach unternimmst du noch etwas mit deiner Gastmutter oder Gastschwester. Abends würdest du völlig erschöpft ins Bett fallen. Die Hitze macht dir offenbar noch am meisten zu schaffen – dein Körper braucht halt noch Zeit. Du erzählst von deinen ersten Schultagen und davon, dass die Australischen Mitschüler dich ziemlich „cool“ finden. Sie haben Recht! Die Verständigung klappt recht gut – nur in der Schule würdest du noch nicht ganz so mitkommen. Kein Wunder, fremde Sprache und dann noch Schulstoff mit möglicherweise Fachbegriffen. Auch das braucht halt noch etwas Zeit.
Am Wochenende möchtest du mit deine Gastschwester das Musical Mama Mia – besuchen – das gastiert jetzt in deiner Stadt. Ich checke das Internet und finde die Seite „What´s on in Townsville“. Ah, die speicher ich mir mal direkt ab. Man will ja informiert bleiben 😉
Wunderbar, alle Fragen beantwortet, Papa beruhigt. Zeit für dich ins Bett zu gehen – wir haben hier ja noch ein paar Stunden bis zum Abend.
Ich komme gerade von der Arbeit nach Hause. Bei dir ist es 3:00 Uhr in der Nacht und vermutlich schläfst du tief und fest. Wir haben kaum voneinander gehört heute. Schon heute morgen, bei dir war es später Nachmittag, hatten wir kaum Zeit für einen Kontakt. Du warst unterwegs und ich auf dem Sprung zur Arbeit. Dabei war ich doch neugierig wie dein zweiter Schultag gewesen ist und wie du in deiner Schuluniform aussiehst. Nun, wir haben uns wenigstens für ein Videotelefonat verabredet – morgen. Ich denke, dass sich in den kommenden Tagen und Wochen mehr und mehr der Alltag auf beiden Seiten einschleichen wird und wir vermutlich deutlich weniger Kontakt haben werden. Der Gedanke daran ist mir jetzt noch fremd, aber ich mache mir bewusst, dass weniger auch mehr sein kann. Mehr und intensiver wenn wir uns in einem Videotelefonat sehen.
Nachdem ich meine Gedanken verdaut habe, bin ich in die Garage gegangen. Ich suche etwas. Ich sehe dein Fahrrad dort stehen. So wie es immer steht, wenn du damit zur Schule fährst. Mir wird in diesem Moment bewusst, dass du das Fahrrad knapp ein Jahr nicht nutzen wirst – ich kann es an die Wand zu den anderen Fahrrädern hängen. Es sind diese unerwarteten Dinge – die Momente, wo du durch ein einfaches Fahrrad oder was auch immer daran erinnert wirst, dass deine Tochter noch für 311 Tage fern der Heimat ist.
Wer mich kennt weiß, dass ich ein kleiner Flaggennarr bin. Ich habe unzählige Flaggen zu nahezu allen Anlässen: Weihnachten, Ostern, Neujahr, Halloween, Geburtstag, Kirchentagen, Hochzeitstag, Länderflaggen, Familienflagge, Karneval und viele mehr. Warum? Ich weiß es nicht. Im Garten weht bei mir immer eine Flagge.
Wer glaubt, eine Fahne sei einfach nur ein Stück Stoff welcher im Wind weht, hat sich geirrt. Es gibt eine Flaggenkunde – die sogenannten Vexillologie. Die Flagge dient schon seit sehr langer Zeit der Kommunikation über große Entfernung. Schließlich kann man mit ihr entsprechende Zeichen oder Botschaften mitteilen. Auch dient eine Flagge oftmals einfach nur als Erkennungsmerkmal.
Während die Flagge des Bundespräsidenten auf der Villa Hammerschmidt oder auf Schloss Bellevue nur gehisst wird, wenn dieser zu Hause ist, soll bei uns die Australische Flagge für die Zeit wehen, in der Alina“außer Haus“ ist.
Man muss für den „Spökes“ nicht verrückt sein, aber leicht einen an der Murmel zu haben, hilft ungemein 🙂
Foto: Privat
Die australische Flagge basiert auf der Blue Ensign und kann in drei Elemente eingeteilt werden:
Die Australische Flagge trägt den Spitznamen Southern Cross, das linke obere Eck trägt den Union Jack, die Flagge des Vereinigten Königreichs Großbritanien und Nordirland, dessen Kolonie Australien bis 1901 war und an das es weiterhin durch seine Mitgliedschaft im Commonwealth lose gebunden ist.
Links, unter dem Union Jack, steht ein großer weißer, siebenstrahliger Stern der Commonwealth Star genannt wird. Sechs Strahlen stehen für die sechs Bundesstaaten Australiens, der siebte für die sogenannten Territorien.
Die rechte Hälfte der Flagge zeigt eine Anordnung von fünf weiteren weißen, unterschiedlich großen Sternen, die das Sternbild Kreuz des Südens repräsentieren. Einer davon ist fünfstrahlig, die übrigen vier siebenstrahlig.
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Heute hattest du deinen ersten Schultag, wobei dein Tag nach unserer Zeit ja schon gestern Abend begonnen hat. Kurz vor dem zu bett gehen haben wir dir noch einen guten Start und viel Erfolg gewünscht. Wir waren mindestens so aufgeregt wie du.
Heute morgen nach dem Aufstehen, bei dir ist es jetzt schon wieder 16:00 Uhr, liegt dein erster Schultag bereits hinter dir und wir erreichen dich beim shoppen – ganz vertraut bei H&M. Kreditkartenkonto: checked! 🙂
Von deinem Schultag berichtest du, dass dieser ziemlich unspektakulär gewesen sei. Alle neuen Austauschschüler, überwiegend Deutsche, sowie eure Austauschskoordinatoren hätten sich spielerisch kennengelernt. Auch hättet ihr bereits eine kleine Tour durch die Schule gemacht. Spannend würde es für dich erst morgen werden, denn da erhälst du deine Schuluniform und würdest erstmalig mit deinen australischen Mitschülern in Kontakt kommen.
Jetzt bin ich erst einmal arbeiten. Wenn ich wieder zu Hause bin, schläfst du bereits wieder tief und fest.
Was hat es eigentlich auf sich mit dem Australia Day – und warum hat Alina an dem Montag frei, obwohl der Feiertag am Sonntag war?
Geschichtliche Hintergründe zum Australia Day
Am 26. Januar 1788 hisste Captain Arthur Phillip zum ersten Mal die britische Flagge in der kleinen Bucht im Port Jackson von Sydney und erstmals betrat ein Europäer den australischen Kontinent. Die 11 Schiffe waren zuvor am 13. Mai 1787 in Portsmouth (England) in See gestochen. Die Crew bestand aus 550 Besatzungsmitgliedern. An Bord waren auch 756 Sträflinge. Die Schiffe brachen auf, um in Australien britische Strafkolonien zu gründen. Bereits am 18. Januar landete die First Fleet in Botany Bay. Hier war James Cook am 29. April 1770 gelandet. Doch diese Bucht erwies sich für eine Besiedlung als ungeeignet, deswegen ging die First Fleet erst in Sydney Cove an Land.
Früher wurde der Feiertag für einige Jahre auf den nächstgelegenen Montag verlegt, damit die Bürger ein langes Wochenende hatten. Heute wird der Australia Day am wirklichen Datum – nämlich den 26. Januar – begangen. Fällt der Feiertag jetzt auf ein Wochenende, so ist auch der darauffolgende Montag frei.
Bräuche und Traditionen am Australia Day
Im ganzen Land finden am Nationalfeiertag viele Veranstaltungen statt. Die patriotischen Australier feiern, was ihre Nation so besonders macht. Tausende Menschen finden sich beispielsweise an der Promenade des Sydney Harbour ein, um sich die Regatta auf dem Wasser anzuschauen. In kleinen Gemeinden wird der Feiertag sehr oft mit einem gemeinschaftlichen Frühstück eröffnet. Zuvor wird die Landesflagge gehisst und die Nationalhymne gesungen. Es gibt Strandpartys, Paraden bzw. Festumzüge sowie jede Menge Sportveranstaltungen, Festivals und Konzerte. Der Tag wird abends gekrönt von einem Feuerwerk. Das beeindruckendste Feuerwerk wird in Perth gezündet. Hier findet auch die größte Veranstaltung zum Australia Day statt, bei der sich mehr als ein Drittel der Perther Einwohner an den Ufern des Swan Rivers einfinden und ausgelassen feiern.
Am Gedenktag werden auch sogenannte Citzinenship Ceremonies abgehalten. Mit diesen Festakten heißt Australien neue Staatsbürger willkommen. In kulturellen und historischen Ausstellungen wird die australische Geschichte erlebbar gemacht.
Kritik am Australia Day
Viele Australier betrachten den Gedenktag als gewöhnlichen Feiertag und feiern ihn recht ausgelassen. Eine Minderheit übt jedoch Kritik, denn mit der Ankunft der Briten brach für die australischen Ureinwohner eine Zeit der Unterdrückung an. Die Kritiker bezeichnen den Tag daher auch als Invasion Day bzw. Survival Day. Ihrer Meinung nach würde der Feiertag die Unterwerfung der Aborigines feiern.
Die Kritiker fordern, anstelle des Australia Days den ANZAC Day zum Nationalfeiertag zu erklären. Ein weiterer diskutierter Vorschlag ist die Verschiebung auf den 1. Januar. Hiermit soll an den ersten Januar 1901 erinnert werden. An diesem Datum schlossen sich sechs unabhängige Kolonien zum Commonwealth of Australia zusammen.
Wissenswertes zum Australia Day
Heute befindet sich an der Einfahrt zur Sydney Cove das weltberühmte Sydney Opera House sowie die südliche Auffahrt zur Sydney Harbour Bridge.
Captain Arthur Phillip war einer der ersten Europäer, der australischen Boden betrat.
Am Australia Day hört man sehr oft die Parole: “Aussie, Aussie, Aussie, Oi, Oi, Oi”.
Zugegeben, Steffi und ich sind Tatort-Junkies. So haben wir natürlich auch gestern unser Ritual gefrönt. Wie sich das für einen gut informierten Bürger gehört, schauen wir zuvor die Tagesschau 🙂 Mit dem Beginn „Es ist 20:00 Uhr, hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau“, plingt eine WA Nachricht auf: „Kannst du bitte noch etwas mehr Geld auf die Kreditkarte laden, weil wir morgen einen Ausflug machen und ich ja auch noch die Schuluniform kaufen muss?“. Zuerst denke ich, dass man mit dem aktuellen Kreditkartensaldo durchaus einen sehr guten Kurzurlaub finanzieren könnte – dann aber, warum ist sie überhaupt wach? Es ist bei dir 5:00 Uhr morgens. Du kannst nicht schlafen, schreibst du. Na klar – Time-Lag. Wir schreiben noch ein wenig „belangloses Zeugs“ hin und her, wobei ich jede Nachricht und Information von dir aufsauge wie ein Schwamm. Dann ist wieder Ruhe im Chat.
Der wirklich gut informierte Bürger schaut nach dem Tatort die Tagesthemen oder Anne Will. Langweilige Diskussion – ab ins Bett. Ich schreibe dir: „Guten Morgen Schatz, wir gehen jetzt ins Bett. Gute Nacht!“ Ein komisches Gefühl überkommt mich – wir haben wirklich immer nur ein kurzes Zeitfenster, wo wir miteinander sprechen können. Wir müssen uns darauf einschwingen.
Die Nacht war ruhig – vielleicht auch deswegen, weil Mama erstmals ihr Mobil hat in der Küche unten liegen lassen. In den Nächten zuvor lag es griffbereit auf dem Nachttisch. Auch konnte ich es „vermeiden“ nachts auf mein Mobil zu schauen, wenn ich mal eben zur Toilette musste. Schleicht sich hier etwas Normalität ein?
Heute morgen, ich bin um 7:00 Uhr wach, schickst du uns erste Bilder von einem traditionellem Gebäck und einer Latte Macciato. Kraftvolles Frühstück denke ich, aber bei dir ist ja schon wieder 16:00 Uhr – also Kaffeezeit. Du berichtest, dass ihr auf dem Ausflug seid und zeigst uns Bilder von unberührten Landschaften. Auch kommt ein erstes Bild von dir mit deiner Gastschwester – ihr habt es mit einem Filter versehen – so nennt man das wohl, wenn verrückt Bildchen zu sehen sind. Das zeigt mir, dass es dir gut geht und ihr Spaß habt. Ein schönes Gefühl. Eine kleine Videosequenz in dem Snapchat -Account zeigt darüber hinaus ein weghüpfendes Känguru. Dein erstes Kängurus in Freiheit – oder wenn ich richtig denke, überhaupt wie der Rheinländer sagt.
Ich gehe duschen und bemerke, der Abfluss läuft nicht richtig ab. Bestimmt ist das Auffangsieb wieder mit euren Haaren voll – die von dir und Mama, wobei deine langen Haare der größte Übeltäter darstellt. Aus der Nummer bin ich mit meiner Frisur nämlich definitiv raus! Ich habe das Sieb schon tausende Male gesäubert. Heute aber erstmals mit dem Gedanken, dass ich deine Haare letztmalig für die kommenden Monate entferne. GENAUGENOMMEN FÜR DIE KOMMENDEN 313 TAGE. Auf zur Arbeit, wenn ich wieder zurück bin, schläfst du schon wieder. Wir haben im normalen Tagesbetrieb wirklich nur ein kurzes Zeitfenster…
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Sicherlich gibt es eine Menge an professionellen Organisationen denen man sein Kind für ein Auslandsjahr anvertrauen kann. Wer die Wahl hat, hat oft auch die Qual. Wir hatten es hier glücklicherweise sehr einfach. Eine liebe Bekannte – Sabine – ist Leiterin des Teams „Schüleraustausch weltweit“ bei Experiment e.V. Wir haben uns daher ausschließlich mit dieser Organisation beschäftigt. Sabine bat uns ein gemeinsames Gespräch zum kennen lernen an. Hier stellte sie ihre Organisation vor und erklärte uns die verschiedenen Möglichkeiten eines Auslandsjahres. Alina stellte viele Fragen was mir zeigte, dass sie sich schon intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt hatte. Ich war positiv überrascht.
Ursprünglich war es ihr Wunsch, in die USA zu gehen. New York hatte es ihr auf einer unserer Reisen angetan – das Land der tausend Möglichkeiten und der Stadt, die niemals schläft. Sabine holte Alina recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurück und erklärte ihr, dass alle von den großen Städten träumen, die meisten jedoch eher auf das „Platte Land kommen“. Hier seien eben mehr Familien bereit, Austauschschüler aufzunehmen. Klar hätte man auch nach New York kommen können, aber das wäre ein so genanntes Wahlprogramm gewesen. Das bedeutet, je genauer du deinen Wohnort oder sogar die Schule bestimmen möchtest, desto teurer es wird. Fakt war, das sprengte unsere Preisvorstellung. Alina war sichtbar enttäuscht. Sabine stellte dann einmal Australien und Neuseeland zur Diskussion. Sie erklärte, die Preise wären günstiger – und dies sogar bei einem Wahlprogramm. Alina solle sich einfach einmal mit den Ländern beschäftigen. Gesagt, getan!
Alina fing an zu googlen und zu recherchieren. Mit einmal kam sie und offenbarte uns: „Ich gehe nach Australien – auf die Pimlico State High School“. „Warum“, fragte ich. „Weil es dort das Great Barrier Reef gibt und ich ja einen Tauchschein habe. Die Schule liegt direkt vor dem Reef“. DAS WAR NATÜRLICH EIN ARGUMENT 🙂
Auch wir beschäftigten uns mit Australien und den dortigen Möglichkeiten. Und in der Tat, das Land hat Charme. Wir hatten die Idee, ein befreundetes Pärchen zu befragen. Er, hatte in Australien studiert und beide lebten dort eine Zeit lang. Bei einem gemeinsamen Abendessen schwärmten sie derart von Australien und den subjektiven Vorzügen gegenüber den USA. Sie empfahlen die Stadt Townsville – diese sei von der Größe ähnlich wie Bonn und würde damit für Alina eher vertraut sein als die Großstädte Sydney & Co. „Townsville – in Queensland?“, fragte ich. „Ja, genau das Townsville“. BÄHM – Townsville liegt direkt an der Küste gegenüber des Great Barrier Reef und dort befindet sich auch Alina´s Wunschschule. Ab diesem Zeitpunkt gab es definitiv keine Alternative mehr. Die Entscheidung war gefallen. Die Familie beschäftigte sich die folgenden Wochen nur noch mit Townsville und der Pimlico State High School. Nebenbei erfuhren wir, dass es in Townsville mit einer der schönsten Strände Australiens geben soll. Die Bewerbung begann….
5:29 Uhr NACHRICHT: „Angekommen, ich habe jetzt eine neue Nummer und Papa schon damit angerufen“. Alina schickt erste Bilder – ich kann einfach meine Tränen nicht mehr unterdrücken. WAS FÜR EINE ERLEICHTERUNG. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Mir fällt mindestens ein Felsen vom Herzen, so groß wie Alina ihn uns als Foto schickt. Unser Kind ist Down Under.
Fotos: Privat
8:21 Uhr Alina schreibt, dass Freunde ihrer Gastschwester gekommen seien – sie würde schon erste Freundschaften knüpfen. Alles wird gut. Ich informiere jetzt mal die Oma´s und den Opa.
10:00 Uhr Der Moment, wenn Du den ersten Videoanruf Deiner Tochter verpasst 😮
Foto: Privat
Hin und her, haben wir uns dann endlich erreicht und konnten die Kleine einmal in Augenschein nehmen. Sie sieht etwas erschöpft aus – kein Wunder nach dem Trip – und ist hundemüde. Gut, dass es dort schon Abend ist und sie gleich zu Bett gehen kann. Alina erzählt, dass sie bereits mit ihrer Gastmutter und Gastschwester am Strand gewesen sei – sie wohnt nur 1 Km davon entfernt, aber sie würde mit der Hitze kämpfen. Klar, der Körper muss sich jetzt erst einmal daran gewöhnen. Ihr Zimmer konnten wir sehen – ein fantastisch großes Zimmer, sogar mit Schminktisch. Während wir noch beim Frühstück sitzen, wird Alina gleich Tacco´s zu Abend essen 😉
17:00 Uhr
Steffi und ich haben heute einen entspannten Tag in Bonn verbracht. Ein wenig frische Luft und etwas Ablenkung. Außerdem ist es ja immer wichtig, die heimische Wirtschaft zu unterstützen 😀 Wieder zu Hause, folgte Extremcouching und ein ausgedehntes Nickerchen. Ich bin jetzt wieder wach und denke, was macht Alina. Klar, sie schläft. In Australien ist es jetzt 2:15 Uhr. Ein kleiner Check des Stalkingpapas offenbart, sie ist wirklich zu Hause 😀 Wahnsinn, was die Technik heute alles kann.
Foto: Privat / Apple: Find my IPhone (unbeabsichtigte und unbezahlte Werbung)
Ich liege wach im Bett. Die Nacht war OK. Die Heizung springt an – es muss also 6:00 Uhr sein. Ich weiß, du hast jetzt deinen Stopp-Over in Abu Dhabi. Vielleicht hast du ja schon ein Signal geschickt. Ich stehe auf und checke die Nachrichten auf WA. Ein Bild hast du geschickt: Kurz und knapp – in Abu Dhabi. Mir gehen gerade tausend Fragen durch den Kopf. Aber besinne ich mich mal darauf, dass es dir gut geht. Sonst hättest du sicherlich etwas geschrieben. Ich antworte dir nur: Guten Morgen Schatz, einen guten Weiterflug! Erst auf den zweiten Blick sehe ich, dass du die Getränke auf unsere Bierdeckel gestellt hast. Ja, du bist genauso verrückt wie deine Eltern 😛
Ich fange an den Block des gestrigen Tages zu ergänzen. Jetzt sind es 7:16 Uhr und genau in diesem Moment hebt der Flieger ab Richtung Sydney. Du hast jetzt einen 14 Stundenflug vor dir.
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16:15 Uhr Ich bin ziemlich erschöpft. Zwar hatte ich heute extra mit meiner Arbeit später begonnen, aber den emotionalen Stress der letzten Tage habe ich unterschätzt. Nach einem kleinen Nickerchen kann es dann weitergehen im Programm. Planmäßig soll Alina in fünf Stunden in Sydney landen. Ich wäre froh zu wissen, dass sie die Immigration-Control schon passiert hätte. Die Australier sind, was eine Einreise in ihr Land betrifft, ziemlich streng. Schon nicht deklariert Medikamente (die haben wir ja alle einmal dabei, sei es nur Ibu´s), können zu ernsthaften Problemen führen. Vielleicht habe ich zu oft Border-Patrol Australia gesehen, aber Vorsicht ist ja bekanntlich die Mutter der Porzellanküche. Ich denke, Alina ist gut vorbereitet und wird das souverän meistern.
22:18 Uhr Ich bin inmitten einer Karnevalsveranstaltung dessen Programm ich als Literat gestaltet habe. Zwischen den Telefonaten mit den auftretenden Künstlern sichte ich einen verpassten Anruf von Alina über Facetime – sofort mache ich den Familienchat bei WA auf, darin: TOM KANNST DU DICH BEI ALINA MELDEN? Ich versuche sie über alle Kanäle zu erreichen – vergebens. Ein Telefonat mit Steffi klärt auf: Alinas Koffer sei zwar für den Weiterflug durchgecheckt, sie hätte aber keine Bordkarte. Sofort geht mein Körper in den Alarmmodus. Ich spüre, wie mir heiß wird und das Adrenalin schießt. OK, ich weiß genau wo alles ist: Alina hat eine Dokumentenmappe – die habe ich logisch sortiert – das Bordticket ist dort als E-Ticket auf einem Ausdruck mit Flugzeiten eingeheftet – Seite 3! Ich schreibe Alina die Informationen und zusätzlich, dass sie auch einfach nur mit ihrem Reisepass zum Schalter gehen könne. Ich denke, dass Thema ist durch aber jetzt habe ich mein Mobil offen liegen und ständig im Blick.
22:30 Uhr ERNEUTER ALARM: Der Koffer des Jungen mit dem Alina zusammen reist ist nicht angekommen. Sie fragt, was sie tun sollen? Der Bus zum Anschlussflug würde gleich gehen. FUC…. denke ich, soviel Adrenalin gibt es doch gar nicht im Körper. Alina würde gerne bei dem Jungen bleiben und ihm zur Seite stehen, aber den Anschlussflug möchte sie auch nicht verpassen. Sie ist hin und her gerissen. Ich verstehe sie gut – sie ist ein sehr empathischer Mensch mit einem großen Herz für andere – erst Recht, wenn sie helfen kann. Mittels einer Familienkonferenz wägen wir ab: Sie sollen bitte die Notfallnummer der Organisation (Letzte Seite Dokumentenmappe – diese sehe ich genau vor meinem geistigen Auge) wählen – Alina selber soll aber alles schon vorbereiten mit Check-Inn, Ihren Koffer abgeben, Zoll etc, dass sie den Weiterflug antreten kann. Wir empfehlen, dass der Junge zur Not ohne Koffer weiterfliegen soll. Vermutlich ist er in Abu Dhabi falsch geleitet worden, dann wird er eben zwei Tage später nachgeschickt. Hauptsache die Pänz kommen am Zielort an. SCHEISS AUF DIE KOFFER, MAN! Der Junge ist von der Idee wenig begeistert – er selber hat aber auch keinen Plan. Ich frage mich, was seine Eltern ihm raten würden? Zunächst Ruhe im Chat.
22:38 Wir fragen ob Alina schon losgegangen sei. Es kommt keine Antwort. Die letzten acht Minuten kamen mir wie eine Ewigkeit vor – zwischenzeitlich noch Gagen für die Künstler unserer Veranstaltung ausgezahlt und gecheckt, ob der folgende Künstler schon da ist – weinigsten hier läuft alles Rund. Ich checke im Sekundentakt die Nachrichten. ES KOMMT NICHTS! Die Sendung „Fragestunde mit Tom“ beginnt: Ist sie im Flieger, hat der Junge den Koffer, ist sie ohne Komplikationen durch den Immigration-Check… und tausende mehr….
23:01 Uhr NACHRICHT: „Ich hab jetzt mein Ticket und er hat auch seinen Koffer. Uns holt jetzt ein Bus ab und bringt uns zum Flughafen, weil das ist woanders. Ich gehe jetzt durch den Zoll, Entspannt Euch. Ich habe alles und ich wäre auch ohne den Jungen geflogen“ Wir applaudieren im Chat. Oh, der nächste Künstler will auch schon sein Geld. Was für ein emotionaler Ritt.
00:07 Uhr Wir verfolgen Flugradar. Der Weiterflug hebt ab. Wissend, das Alina auf dem Weg zur Zieldestination im Flieger sitzt. Unsere Veranstaltung ist beendet – eigentlich der Zeitpunkt für ein paar Kölsch. Die schmecken mir heute nicht, ich gehe nach Hause.
9:00 Uhr Die Nacht war für mich sehr unruhig. Ständig sind mir neue Sachen eingefallen, die wir noch erledigen sollten. Ab jetzt können wir die Stunden zählen, bis Alina in ihr großes Abenteuer startet. Nach dem gestrigen Abend und der heutigen Nacht sehe ich ziemlich verknautscht aus. Zudem spüre ich am Bauch einen neuropathischen Schmerz. Diese Stelle spüre ich immer dann, wenn ich bewusst oder unbewussten Stress habe. Eine alte Gürtelrose von vor vielen Jahren ist dafür noch verantwortlich. Geplant ist, dass wir jetzt erst einmal ausgiebig und in Ruhe frühstücken – mal sehen, wovon dieser Plan wieder durchkreuzt wird 🙂
11:00 Uhr Gerade erledigen wir die letzten Dinge – ich werde das Laptop von Alina noch einmal checken, updaten, ein Backup fahren und ein Programm zur Fernwartung installieren. Steffi arbeitet derweil noch an einem Abschiedsgeschenk. Das erhält Alina auf dem Flughafen. Oh Gott – wenn ich daran denke muss ich fast schon wieder heulen…
12:15 Uhr Denke, ich könnte ja jetzt mal unter die Dusche gehen. Alina holt gerade noch eine Freundin von der Bahn ab – wir wissen ja, Freunde sind in diesem Alter besonders wichtig! Im Bad nehme ich erste Veränderung wahr: Alina´s Zahnbürste fehlt. Die, gefühlten, tausend Tübchen und Pröbchen von Shampoo & Co fehlen unter der Dusche. Nicht, dass ich das alles schon einmal erlebt habe – wenn sie einfach nur in Urlaub gefahren ist – aber heute ist es anders.
13:30 Uhr Alina ist mit Freunden im Zimmer. Ich trinke eine Tasse Kaffee und checke die WA-Nachrichten. Den ganzen Morgen schon kommen unzählige Nachrichten für Alina herein. Schön, dass so viele Freunde an sie denken. Hoffe, dass gleich nicht mein Datenvolumen aufgebraucht ist 🙂 Die Katze weicht nicht von meiner Seite – was will sie mir sagen – vielleicht: ALTER, CHILL MA DEINE BASE! Es kommt etwas Ruhe und Entspannung ins Haus.
Foto: Privat
14:30 Uhr Die Freunde haben sich verabschiedet – was für Emotionen. Alina meistert das alles so souverän – sie macht das großartig! Steffi und ich holen das Auto von gestern Abend ab. Auf der Rückfahrt kommt mir das alles so surreal vor. Autos auf der Straße, Menschen gehen spazieren. Warum auch nicht – es hat sich ja nichts verändert. Außer, dass Alina in sechs Stunden im Flieger Richtung Down Under sitzt und ich mir darüber Gedanken mache. Ich erinnere mich daran, als mein Vater verstarb -ich war 17 Jahr alt. Auf der Straße sah ich einen Bus, darin lachende und fröhliche Menschen. Ich dachte mir, warum seid ihr so fröhlich, mein Vater ist doch gerade verstorben. Ja, die Welt drehte sich weiter. Eben ganz normaler Alltag. Auch jetzt besinne ich mich wieder: DER BEGINN EINER WUNDERBAREN ERFAHRUNG!
16:00 Uhr Wir haben uns gerade noch ein Brötchen „reingezwungen“ und sind noch einmal den Ablauf für Alina durchgegangen. „Was machst Du, wenn Du in Abu Dhabi ankommst, welchen Schalter steuerst Du an, wie verhältst Du Dich in Sydney am Immigration-Check und einiges mehr…“. Alina voll genervt! Zur ihrer Rettung stand dann plötzlich Micha, ein guter Freund der Familie, vor der Türe und um noch einmal nach dem Rechten zu sehen. Eigentlich aber mehr um dem Papa, denn Alina gut zu zureden… 🙂 In einer halben Stunde setzen wir uns ins Auto Richtung Frankfurt. Der Koffer, 29,40 Kg, parat!
Foto: Privat
18:30 Uhr Am Flughafen angekommen und das Auto geparkt – schnell noch ein Foto von dem Parkplatz, damit wir das Auto nachher auch noch wiederfinden. Wir gehen zur Halle B, Schalter 462 sollst du einchecken. Auf der Anzeigentafel des Schalters 461 sehe ich geschrieben „Upgrades available“. Wir fragen nach was machbar ist. OK, die Business-Class für 1.450 Euro nehmen wir nicht, aber ein Platz mit maximaler Beinfreiheit in der Economy-Class für den Flug von Abu Dhabi nach Sydney in der ersten Reihe. MEGA! Eine gute Gelegenheit, direkt auch einmal deine Kreditkarte auf Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. Denn das hast du, ob deines Versprechens, in den letzten Wochen nicht gemacht. Alles läuft reibungslos. Ich bin glücklich, dass Du den langen Flug entspannt sitzen kannst.
18:45 Uhr An der Zollkontrolle treffen wir auf die Familie mit dem Jungen, mit welchem du die High-School in Australien besuchen wirst. Du hast ihn schon beim Vorbereitungsseminar kennengelernt. Wir haben noch Zeit für ein Getränk und setzen uns in eine der vielen Bars am Flughafen. Du hast noch ein Geschenk für uns – zwei wunderschöne Bilder in tollen Bilderrahmen nebst eines sechs Seiten langen Briefes. Du bittest uns den Brief erst zu lesen, wenn du im Flieger sitzt. Auch wir haben noch eine Überraschung für dich: Ein Abschiedsbuch mit Wünschen aller Menschen, denen du etwas bedeutest. Mama hat über drei Wochen daran gearbeitet und organisiert. Beim Durchblättern rollen Elefantentränen über deine Wangen und auch ich kann meine nicht mehr zurückhalten. Dem Buch werde ich später ein eigenes Posting widmen – ES IST MEGA! Mama verspricht, deine Bilder jeweils auf ihren und meinen Nachttisch zu stellen.
Foto: Privat
19:20 Uhr Es ist Zeit. Zurück zur Zollkontrolle. Auf diesen Moment kann man sich irgendwie nicht vorbereiten – ES WIRD ERNST. Ich weiß, dass ich dich jetzt das letzte Mal für die kommenden 317 Tage im Arm halten werde. Du drückst mich so fest, dass ich kaum Luft bekomme und sagst mir, wie sehr du mich liebst. Du schluchzt ganz heftig und auch mir laufen die Tränen. Für einen kurzen Moment denke ich an die Serie „Goodbye Deutschland – die Auswanderer“. So fühlt es sich also an! Ein Kuss und du gehst durch die elektronische Zollkontrolle. Zuerst legst Du dein Flugticket auf und die Schleuse öffnet sich nicht. Ah! Es braucht den Reisepass und ich denke: „Das geht ja schon gut los…“ 🙂
19:28 Uhr Du drehst dich noch einmal zu uns um, wir winken dir zu und dann verschwindest du hinter den Türen des Sicherheitsbereiches. Mama und ich schauen einfach noch Gedankenversunken hinterher – wenngleich da niemand mehr zu sehen ist. Wir gehen zum Auto.
Foto: Privat
20:15 Uhr Ich fahre, Mama checkt derweil Nachrichten auf WA und Facebook. Immer noch kommen viele Nachrichten mit den besten Wünschen für dich. Mit jeder Nachricht welche Mama vorliest, schluchzt sie mehr und mehr. Bringt kaum noch einen Ton heraus.
20:31 Uhr Das Auto löst automatisch die Abpumpanlage für den Tränensee aus und bläst vorsorglich schon einmal die Rettungswesten auf 🙂 Ich bretter mit 193 Km/h über die A3 und sehe nur noch tränenverschwommen. Lieber einmal runter vom Gas! Wir wollen dich ja in 317 Tagen ja wieder gesund abholen. Ich brauche eine kurze Pause und wir wechseln uns mit der Weiterfahrt ab. Natürlich stalke ich dich über Flugradar. Ich kann live verfolgen wie das Flugzeug über die Rollbahn zur Startposition fährt. Und dann, um 21:20 Uhr, hebst du ab. Mir schießt das Lied „Völlig losgelöst“ durch den Kopf.
21:45 Uhr Ankunft zu Hause. Mama möchte unbedingt noch den Brief lesen. Du hast nahezu dein ganzen Leben darin revue passieren lassen. Sechs Seiten in Arial 9 – RESPEKT. Du dankst uns für alles was wir dir bisher ermöglicht haben und dir ermöglichen. Ganz tolle Worte hast du gefunden – er ist sehr liebevoll und mit deinem ganzen Herzen geschrieben. DANKESCHÖN!
22:50 Uhr Wir fallen erschöpft in das Bett und schlafen Hand in Hand ein. Meine letzten Gedanken: Wer hält jetzt deine Hand und wie du dich wohl fühlst?