Komischer Tag | X+6

Foto: Jürgen Hoffmann

Ich komme gerade von der Arbeit nach Hause. Bei dir ist es 3:00 Uhr in der Nacht und vermutlich schläfst du tief und fest. Wir haben kaum voneinander gehört heute. Schon heute morgen, bei dir war es später Nachmittag, hatten wir kaum Zeit für einen Kontakt. Du warst unterwegs und ich auf dem Sprung zur Arbeit. Dabei war ich doch neugierig wie dein zweiter Schultag gewesen ist und wie du in deiner Schuluniform aussiehst. Nun, wir haben uns wenigstens für ein Videotelefonat verabredet – morgen. Ich denke, dass sich in den kommenden Tagen und Wochen mehr und mehr der Alltag auf beiden Seiten einschleichen wird und wir vermutlich deutlich weniger Kontakt haben werden. Der Gedanke daran ist mir jetzt noch fremd, aber ich mache mir bewusst, dass weniger auch mehr sein kann. Mehr und intensiver wenn wir uns in einem Videotelefonat sehen.

Nachdem ich meine Gedanken verdaut habe, bin ich in die Garage gegangen. Ich suche etwas. Ich sehe dein Fahrrad dort stehen. So wie es immer steht, wenn du damit zur Schule fährst. Mir wird in diesem Moment bewusst, dass du das Fahrrad knapp ein Jahr nicht nutzen wirst – ich kann es an die Wand zu den anderen Fahrrädern hängen. Es sind diese unerwarteten Dinge – die Momente, wo du durch ein einfaches Fahrrad oder was auch immer daran erinnert wirst, dass deine Tochter noch für 311 Tage fern der Heimat ist.