5:29 Uhr NACHRICHT: „Angekommen, ich habe jetzt eine neue Nummer und Papa schon damit angerufen“. Alina schickt erste Bilder – ich kann einfach meine Tränen nicht mehr unterdrücken. WAS FÜR EINE ERLEICHTERUNG. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Mir fällt mindestens ein Felsen vom Herzen, so groß wie Alina ihn uns als Foto schickt. Unser Kind ist Down Under.
Fotos: Privat
8:21 Uhr Alina schreibt, dass Freunde ihrer Gastschwester gekommen seien – sie würde schon erste Freundschaften knüpfen. Alles wird gut. Ich informiere jetzt mal die Oma´s und den Opa.
10:00 Uhr Der Moment, wenn Du den ersten Videoanruf Deiner Tochter verpasst 😮
Foto: Privat
Hin und her, haben wir uns dann endlich erreicht und konnten die Kleine einmal in Augenschein nehmen. Sie sieht etwas erschöpft aus – kein Wunder nach dem Trip – und ist hundemüde. Gut, dass es dort schon Abend ist und sie gleich zu Bett gehen kann. Alina erzählt, dass sie bereits mit ihrer Gastmutter und Gastschwester am Strand gewesen sei – sie wohnt nur 1 Km davon entfernt, aber sie würde mit der Hitze kämpfen. Klar, der Körper muss sich jetzt erst einmal daran gewöhnen. Ihr Zimmer konnten wir sehen – ein fantastisch großes Zimmer, sogar mit Schminktisch. Während wir noch beim Frühstück sitzen, wird Alina gleich Tacco´s zu Abend essen 😉
17:00 Uhr
Steffi und ich haben heute einen entspannten Tag in Bonn verbracht. Ein wenig frische Luft und etwas Ablenkung. Außerdem ist es ja immer wichtig, die heimische Wirtschaft zu unterstützen 😀 Wieder zu Hause, folgte Extremcouching und ein ausgedehntes Nickerchen. Ich bin jetzt wieder wach und denke, was macht Alina. Klar, sie schläft. In Australien ist es jetzt 2:15 Uhr. Ein kleiner Check des Stalkingpapas offenbart, sie ist wirklich zu Hause 😀 Wahnsinn, was die Technik heute alles kann.
Foto: Privat / Apple: Find my IPhone (unbeabsichtigte und unbezahlte Werbung)
Ich liege wach im Bett. Die Nacht war OK. Die Heizung springt an – es muss also 6:00 Uhr sein. Ich weiß, du hast jetzt deinen Stopp-Over in Abu Dhabi. Vielleicht hast du ja schon ein Signal geschickt. Ich stehe auf und checke die Nachrichten auf WA. Ein Bild hast du geschickt: Kurz und knapp – in Abu Dhabi. Mir gehen gerade tausend Fragen durch den Kopf. Aber besinne ich mich mal darauf, dass es dir gut geht. Sonst hättest du sicherlich etwas geschrieben. Ich antworte dir nur: Guten Morgen Schatz, einen guten Weiterflug! Erst auf den zweiten Blick sehe ich, dass du die Getränke auf unsere Bierdeckel gestellt hast. Ja, du bist genauso verrückt wie deine Eltern 😛
Ich fange an den Block des gestrigen Tages zu ergänzen. Jetzt sind es 7:16 Uhr und genau in diesem Moment hebt der Flieger ab Richtung Sydney. Du hast jetzt einen 14 Stundenflug vor dir.
Foto: Privat (unbeabsichtigte und unbezahlte Werbung)
16:15 Uhr Ich bin ziemlich erschöpft. Zwar hatte ich heute extra mit meiner Arbeit später begonnen, aber den emotionalen Stress der letzten Tage habe ich unterschätzt. Nach einem kleinen Nickerchen kann es dann weitergehen im Programm. Planmäßig soll Alina in fünf Stunden in Sydney landen. Ich wäre froh zu wissen, dass sie die Immigration-Control schon passiert hätte. Die Australier sind, was eine Einreise in ihr Land betrifft, ziemlich streng. Schon nicht deklariert Medikamente (die haben wir ja alle einmal dabei, sei es nur Ibu´s), können zu ernsthaften Problemen führen. Vielleicht habe ich zu oft Border-Patrol Australia gesehen, aber Vorsicht ist ja bekanntlich die Mutter der Porzellanküche. Ich denke, Alina ist gut vorbereitet und wird das souverän meistern.
22:18 Uhr Ich bin inmitten einer Karnevalsveranstaltung dessen Programm ich als Literat gestaltet habe. Zwischen den Telefonaten mit den auftretenden Künstlern sichte ich einen verpassten Anruf von Alina über Facetime – sofort mache ich den Familienchat bei WA auf, darin: TOM KANNST DU DICH BEI ALINA MELDEN? Ich versuche sie über alle Kanäle zu erreichen – vergebens. Ein Telefonat mit Steffi klärt auf: Alinas Koffer sei zwar für den Weiterflug durchgecheckt, sie hätte aber keine Bordkarte. Sofort geht mein Körper in den Alarmmodus. Ich spüre, wie mir heiß wird und das Adrenalin schießt. OK, ich weiß genau wo alles ist: Alina hat eine Dokumentenmappe – die habe ich logisch sortiert – das Bordticket ist dort als E-Ticket auf einem Ausdruck mit Flugzeiten eingeheftet – Seite 3! Ich schreibe Alina die Informationen und zusätzlich, dass sie auch einfach nur mit ihrem Reisepass zum Schalter gehen könne. Ich denke, dass Thema ist durch aber jetzt habe ich mein Mobil offen liegen und ständig im Blick.
22:30 Uhr ERNEUTER ALARM: Der Koffer des Jungen mit dem Alina zusammen reist ist nicht angekommen. Sie fragt, was sie tun sollen? Der Bus zum Anschlussflug würde gleich gehen. FUC…. denke ich, soviel Adrenalin gibt es doch gar nicht im Körper. Alina würde gerne bei dem Jungen bleiben und ihm zur Seite stehen, aber den Anschlussflug möchte sie auch nicht verpassen. Sie ist hin und her gerissen. Ich verstehe sie gut – sie ist ein sehr empathischer Mensch mit einem großen Herz für andere – erst Recht, wenn sie helfen kann. Mittels einer Familienkonferenz wägen wir ab: Sie sollen bitte die Notfallnummer der Organisation (Letzte Seite Dokumentenmappe – diese sehe ich genau vor meinem geistigen Auge) wählen – Alina selber soll aber alles schon vorbereiten mit Check-Inn, Ihren Koffer abgeben, Zoll etc, dass sie den Weiterflug antreten kann. Wir empfehlen, dass der Junge zur Not ohne Koffer weiterfliegen soll. Vermutlich ist er in Abu Dhabi falsch geleitet worden, dann wird er eben zwei Tage später nachgeschickt. Hauptsache die Pänz kommen am Zielort an. SCHEISS AUF DIE KOFFER, MAN! Der Junge ist von der Idee wenig begeistert – er selber hat aber auch keinen Plan. Ich frage mich, was seine Eltern ihm raten würden? Zunächst Ruhe im Chat.
22:38 Wir fragen ob Alina schon losgegangen sei. Es kommt keine Antwort. Die letzten acht Minuten kamen mir wie eine Ewigkeit vor – zwischenzeitlich noch Gagen für die Künstler unserer Veranstaltung ausgezahlt und gecheckt, ob der folgende Künstler schon da ist – weinigsten hier läuft alles Rund. Ich checke im Sekundentakt die Nachrichten. ES KOMMT NICHTS! Die Sendung „Fragestunde mit Tom“ beginnt: Ist sie im Flieger, hat der Junge den Koffer, ist sie ohne Komplikationen durch den Immigration-Check… und tausende mehr….
23:01 Uhr NACHRICHT: „Ich hab jetzt mein Ticket und er hat auch seinen Koffer. Uns holt jetzt ein Bus ab und bringt uns zum Flughafen, weil das ist woanders. Ich gehe jetzt durch den Zoll, Entspannt Euch. Ich habe alles und ich wäre auch ohne den Jungen geflogen“ Wir applaudieren im Chat. Oh, der nächste Künstler will auch schon sein Geld. Was für ein emotionaler Ritt.
00:07 Uhr Wir verfolgen Flugradar. Der Weiterflug hebt ab. Wissend, das Alina auf dem Weg zur Zieldestination im Flieger sitzt. Unsere Veranstaltung ist beendet – eigentlich der Zeitpunkt für ein paar Kölsch. Die schmecken mir heute nicht, ich gehe nach Hause.
9:00 Uhr Die Nacht war für mich sehr unruhig. Ständig sind mir neue Sachen eingefallen, die wir noch erledigen sollten. Ab jetzt können wir die Stunden zählen, bis Alina in ihr großes Abenteuer startet. Nach dem gestrigen Abend und der heutigen Nacht sehe ich ziemlich verknautscht aus. Zudem spüre ich am Bauch einen neuropathischen Schmerz. Diese Stelle spüre ich immer dann, wenn ich bewusst oder unbewussten Stress habe. Eine alte Gürtelrose von vor vielen Jahren ist dafür noch verantwortlich. Geplant ist, dass wir jetzt erst einmal ausgiebig und in Ruhe frühstücken – mal sehen, wovon dieser Plan wieder durchkreuzt wird 🙂
11:00 Uhr Gerade erledigen wir die letzten Dinge – ich werde das Laptop von Alina noch einmal checken, updaten, ein Backup fahren und ein Programm zur Fernwartung installieren. Steffi arbeitet derweil noch an einem Abschiedsgeschenk. Das erhält Alina auf dem Flughafen. Oh Gott – wenn ich daran denke muss ich fast schon wieder heulen…
12:15 Uhr Denke, ich könnte ja jetzt mal unter die Dusche gehen. Alina holt gerade noch eine Freundin von der Bahn ab – wir wissen ja, Freunde sind in diesem Alter besonders wichtig! Im Bad nehme ich erste Veränderung wahr: Alina´s Zahnbürste fehlt. Die, gefühlten, tausend Tübchen und Pröbchen von Shampoo & Co fehlen unter der Dusche. Nicht, dass ich das alles schon einmal erlebt habe – wenn sie einfach nur in Urlaub gefahren ist – aber heute ist es anders.
13:30 Uhr Alina ist mit Freunden im Zimmer. Ich trinke eine Tasse Kaffee und checke die WA-Nachrichten. Den ganzen Morgen schon kommen unzählige Nachrichten für Alina herein. Schön, dass so viele Freunde an sie denken. Hoffe, dass gleich nicht mein Datenvolumen aufgebraucht ist 🙂 Die Katze weicht nicht von meiner Seite – was will sie mir sagen – vielleicht: ALTER, CHILL MA DEINE BASE! Es kommt etwas Ruhe und Entspannung ins Haus.
Foto: Privat
14:30 Uhr Die Freunde haben sich verabschiedet – was für Emotionen. Alina meistert das alles so souverän – sie macht das großartig! Steffi und ich holen das Auto von gestern Abend ab. Auf der Rückfahrt kommt mir das alles so surreal vor. Autos auf der Straße, Menschen gehen spazieren. Warum auch nicht – es hat sich ja nichts verändert. Außer, dass Alina in sechs Stunden im Flieger Richtung Down Under sitzt und ich mir darüber Gedanken mache. Ich erinnere mich daran, als mein Vater verstarb -ich war 17 Jahr alt. Auf der Straße sah ich einen Bus, darin lachende und fröhliche Menschen. Ich dachte mir, warum seid ihr so fröhlich, mein Vater ist doch gerade verstorben. Ja, die Welt drehte sich weiter. Eben ganz normaler Alltag. Auch jetzt besinne ich mich wieder: DER BEGINN EINER WUNDERBAREN ERFAHRUNG!
16:00 Uhr Wir haben uns gerade noch ein Brötchen „reingezwungen“ und sind noch einmal den Ablauf für Alina durchgegangen. „Was machst Du, wenn Du in Abu Dhabi ankommst, welchen Schalter steuerst Du an, wie verhältst Du Dich in Sydney am Immigration-Check und einiges mehr…“. Alina voll genervt! Zur ihrer Rettung stand dann plötzlich Micha, ein guter Freund der Familie, vor der Türe und um noch einmal nach dem Rechten zu sehen. Eigentlich aber mehr um dem Papa, denn Alina gut zu zureden… 🙂 In einer halben Stunde setzen wir uns ins Auto Richtung Frankfurt. Der Koffer, 29,40 Kg, parat!
Foto: Privat
18:30 Uhr Am Flughafen angekommen und das Auto geparkt – schnell noch ein Foto von dem Parkplatz, damit wir das Auto nachher auch noch wiederfinden. Wir gehen zur Halle B, Schalter 462 sollst du einchecken. Auf der Anzeigentafel des Schalters 461 sehe ich geschrieben „Upgrades available“. Wir fragen nach was machbar ist. OK, die Business-Class für 1.450 Euro nehmen wir nicht, aber ein Platz mit maximaler Beinfreiheit in der Economy-Class für den Flug von Abu Dhabi nach Sydney in der ersten Reihe. MEGA! Eine gute Gelegenheit, direkt auch einmal deine Kreditkarte auf Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. Denn das hast du, ob deines Versprechens, in den letzten Wochen nicht gemacht. Alles läuft reibungslos. Ich bin glücklich, dass Du den langen Flug entspannt sitzen kannst.
18:45 Uhr An der Zollkontrolle treffen wir auf die Familie mit dem Jungen, mit welchem du die High-School in Australien besuchen wirst. Du hast ihn schon beim Vorbereitungsseminar kennengelernt. Wir haben noch Zeit für ein Getränk und setzen uns in eine der vielen Bars am Flughafen. Du hast noch ein Geschenk für uns – zwei wunderschöne Bilder in tollen Bilderrahmen nebst eines sechs Seiten langen Briefes. Du bittest uns den Brief erst zu lesen, wenn du im Flieger sitzt. Auch wir haben noch eine Überraschung für dich: Ein Abschiedsbuch mit Wünschen aller Menschen, denen du etwas bedeutest. Mama hat über drei Wochen daran gearbeitet und organisiert. Beim Durchblättern rollen Elefantentränen über deine Wangen und auch ich kann meine nicht mehr zurückhalten. Dem Buch werde ich später ein eigenes Posting widmen – ES IST MEGA! Mama verspricht, deine Bilder jeweils auf ihren und meinen Nachttisch zu stellen.
Foto: Privat
19:20 Uhr Es ist Zeit. Zurück zur Zollkontrolle. Auf diesen Moment kann man sich irgendwie nicht vorbereiten – ES WIRD ERNST. Ich weiß, dass ich dich jetzt das letzte Mal für die kommenden 317 Tage im Arm halten werde. Du drückst mich so fest, dass ich kaum Luft bekomme und sagst mir, wie sehr du mich liebst. Du schluchzt ganz heftig und auch mir laufen die Tränen. Für einen kurzen Moment denke ich an die Serie „Goodbye Deutschland – die Auswanderer“. So fühlt es sich also an! Ein Kuss und du gehst durch die elektronische Zollkontrolle. Zuerst legst Du dein Flugticket auf und die Schleuse öffnet sich nicht. Ah! Es braucht den Reisepass und ich denke: „Das geht ja schon gut los…“ 🙂
19:28 Uhr Du drehst dich noch einmal zu uns um, wir winken dir zu und dann verschwindest du hinter den Türen des Sicherheitsbereiches. Mama und ich schauen einfach noch Gedankenversunken hinterher – wenngleich da niemand mehr zu sehen ist. Wir gehen zum Auto.
Foto: Privat
20:15 Uhr Ich fahre, Mama checkt derweil Nachrichten auf WA und Facebook. Immer noch kommen viele Nachrichten mit den besten Wünschen für dich. Mit jeder Nachricht welche Mama vorliest, schluchzt sie mehr und mehr. Bringt kaum noch einen Ton heraus.
20:31 Uhr Das Auto löst automatisch die Abpumpanlage für den Tränensee aus und bläst vorsorglich schon einmal die Rettungswesten auf 🙂 Ich bretter mit 193 Km/h über die A3 und sehe nur noch tränenverschwommen. Lieber einmal runter vom Gas! Wir wollen dich ja in 317 Tagen ja wieder gesund abholen. Ich brauche eine kurze Pause und wir wechseln uns mit der Weiterfahrt ab. Natürlich stalke ich dich über Flugradar. Ich kann live verfolgen wie das Flugzeug über die Rollbahn zur Startposition fährt. Und dann, um 21:20 Uhr, hebst du ab. Mir schießt das Lied „Völlig losgelöst“ durch den Kopf.
21:45 Uhr Ankunft zu Hause. Mama möchte unbedingt noch den Brief lesen. Du hast nahezu dein ganzen Leben darin revue passieren lassen. Sechs Seiten in Arial 9 – RESPEKT. Du dankst uns für alles was wir dir bisher ermöglicht haben und dir ermöglichen. Ganz tolle Worte hast du gefunden – er ist sehr liebevoll und mit deinem ganzen Herzen geschrieben. DANKESCHÖN!
22:50 Uhr Wir fallen erschöpft in das Bett und schlafen Hand in Hand ein. Meine letzten Gedanken: Wer hält jetzt deine Hand und wie du dich wohl fühlst?
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Steffi und ich haben uns heute früher frei genommen – geplant war, wenn ich um 16:30 Uhr nach Hause komme, niemand mehr da ist und wir beginnen, den Abend für uns zu gestalten – wir wollen essen gehen. HORROR: Ich komme nach Hause und die Bude war voll! Nachdem dann alle gegangen waren haben Steffi und Alina noch einmal den Koffer durchgecheckt. Als ich dazukam offenbarte mir Alina, dass morgen auch noch einmal ein paar Freunde kommen werden. DAS WAR ZUVIEL!
Ich habe erst einmal das Haus verlassen und bin zu meinem besten Kumpel Rolf gefahren. Mir standen die Tränen in den Augen und ich fragte: „Kann ich hier mal eben heulen kommen?“ Zack, saßen wir im Keller bei einer Flasche Bier und mir liefen aber sowas von die Tränen. Ich habe mich richtig schlecht gefühlt. Ich stellte mir immer wieder die Frage, ob alle Anderen wichtiger sind als wir Eltern?
Die Tochter von Rolf kam herein – sie kenne ich auch schon seitdem sie 12 Jahre alt ist. Heute ist sie eine junge Erwachsene Frau. Sie erklärte mir mal eben die Welt: In dem Alter seien Freunde das Wichtigste – je mehr du hast, desto beliebter fühlst du dich. Freunde sind in diesem Alter wirklich wichtiger als die Eltern. Alina würde ja nicht wissen ob die Freunde nach einem Jahr noch ihre Freunde wären. Für sie wäre es wirklich wie ein Abschied „für immer“. Aber die Eltern sind nach dem Jahr ganz sicher noch da. Deswegen sei es für sie auch so wichtig, die Freunde bis zur letzten Minute zu empfangen? BIS ZUR LETZTEN MINUTE?
Vorgestern schrieb ich noch, haltet den Plan, welche Freunde ihr wann noch treffen wollt, strikt ein. VERGESST DEN PLAN MAN!
Nachdem ich mich habe beruhigen können, hat Steffi mich dann zum essen abgeholt. Die Leute im Restaurant haben mich angeschaut, als ob ich vom anderen Stern käme. Alina sagte später, meine Augen sähen aus, als hätte ich gekifft…. 🙂
Es war schön, es war harmonisch, wir haben gute Gespräche geführt. Zum Schluss haben wir ihr noch ein Abschiedsgeschenk überreicht – ein Anhängerset von Pandora ihren Initialen „ACB“.
Ich bemerke, wie ich in den letzten beiden Tagen sensibler werde, mich sogar aus Gesprächen herausziehen möchte. Die Fragen von Freunden und Bekannten wie es mir geht – wie sich der Abschiedsschmerz anfühlt, wie ich den Abschied verkrafte etc. fangen an „zu nerven“. Ich bin froh, dass wir soviel Anteil erfahren aber mir wird bewusst, dass sich alles immer nur um den Abschied dreht. Ich bemerke, dass macht mich traurig. Gestern hatte ich keine Lust mehr, mich mit Leuten zu unterhalten – ich wollte einfach nur nach Hause. Ruhe!
Es ist doch nicht so, dass wir unsere Tochter für immer verabschieden – sie geht doch nicht von dieser Welt! Sie startet doch vielmehr in ein großes Abenteuer: Mit neuen Eindrücken, mit einer enormen Horizonterweiterung – einer unvergesslichen Erfahrung!
Wir Menschen neigen ja oft dazu, das Negative zu sehen und zu benennen. Aber die Medaille hat doch bekanntlich zwei Seiten. Und ab sofort werde ich mich mental nur noch auf die positive Seite konzentrieren. Nicht darauf, dass „weggeht“ sondern darauf, dass man etwas wunderbares gewinnt. Ein Gewinn für uns alle – für Alina, für meine Frau und für mich: Der Beginn einer einer wunderbaren Erfahrung!
Heute und morgen noch – dann geht der Flieger für Alina. Eigentlich nicht ganz überraschend – schließlich ist das Auslandsjahr seit fast einem Jahr geplant. Aber plötzlich kommen immer mehr Bekannte und Freunde und wollen Alina noch einmal sehen, sich verabschieden, mit ihr noch etwas unternehmen.
Für uns Eltern wirklich nicht einfach, dieses alles unter einen Hut zu bekommen. Schließlich haben wir ja auch eine Vorstellung und einen Plan, wie die letzten gemeinsamen Tage vor Alinas Abflug aussehen sollen. Und für Alina selber wird es auch zunehmend „anstrengender“. Sie möchte natürlich niemanden vor den Kopf stoßen und nahezu alle Anfragen / Termine bedienen.
Kurzum mussten wir jetzt aber die Reißleine ziehen und schlicht und ergreifend sagen: STOPP!
Die Situation spitzte sich zu – der Druck bei allen Beteiligten wurde größer und das Miteinander fing an, darunter zu leiden. Nicht besonders schön für die Zeit, die wir ja wirklich noch in Ruhe und Frieden miteinander verbringen wollen.
Das erinnert mich sehr an Tage wie Weihnachten oder dergleichen. Die Erwartungshaltung ist an solchen Tagen oder zu solchen Zeiten sehr hoch, so dass die Enttäuschungsgefahr ungleich größer ist als an anderen Tagen. Weniger Erwartung mag da Entlastung bringen.
TIPP: Macht Euch frühzeitige Gedanken darüber, wenn ihr wann noch treffen wollt. Haltet den Plan strikt ein. Erklärt Euren Freunden und Bekannten die Situation und den Sinn und Nutzen davon. Zwei Tage vorher sind die Nerven nun einmal deutlich angespannter.
Heute haben wir noch einmal einen Papa-Tochter Tag in Bonn verbracht. Etwas shoppen gewesen, lecker gegessen und viel gequatscht. Komisch, auch wenn wir regelmäßig unsere gemeinsamen Aktivitäten haben – bspw. machen wir einmal im Jahr einen kurzen Papa-Tochter-Urlaub – so sind die letzten Tage vor der Abreise noch einmal intensiver.
Und dann fängst Du an, eine Mappe mit den wichtigen Dokumenten und Informationen zu erstellen – und Dir wird klar, Du kannst gar nicht alles aufschreiben, was Du Deinem Kind mit auf den Weg geben willst. Man verstrickt sich sehr schnell und kann plötzlich wichtige nicht mehr von den unwichtigen Dingen unterscheiden…
Was traue ich meinem Kind zu, was es ggf. selber regeln kann ohne Informationen oder Tipps vom Papa? Welche Informationen sind unentbehrlich, welche wirklich „überlebensnotwendig“? Es muss eine Entscheidung her – alles geht nun mal nicht. Wie war das noch früher in der Schule? Mut zur Lücke! Aber da ging es ja um einen selber – heute um Dein Kind.
Ich besinne mich auf „es gibt immer für alles eine Lösung“. Man muss nur wissen, wen man wann kontaktiert. Also, die wichtigsten Telefonnummer auch nicht vergessen…
Während bei meiner Frau Steffi und mir die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, geht unsere Tochter einfach ihr „normales Leben“ nach. Sie trifft sich hier und da mit Freunden, chillt herum, schaut Netflix und geht jetzt wieder, nachdem die Ferien vorbei sind, zur Schule.
Gefühlt beschäftigen sich Steffi und ich uns 24 Stunden am Tag mit dem Auslandsjahr. Für unsere Tochter scheint das aber das normalste der Welt zu sein. Es wirkt nicht, als sei sie nervös oder würde sich in irgendeiner Art und Weise besonders darauf vorbereiten.
Wir hingegen machen uns Gedanken über ein entsprechendes Gastgeschenk und arbeiten annähernd 100 To-Do´s ab. Alina´s Sorgen scheinen aber nur zu sein, ob sie in Australien auch Netflix empfangen kann…
„Es ist doch noch Zeit“, einer ihrer Argumente. Für uns jedoch rast die Zeit so schnell, wie die Sandkörner in einer Eieruhr fallen. Vielleicht ist es auch gut so, dass ein gewisser „jugendlicher Leichtsinn“ bei ihr herrscht.
Gestern fand die Proklamation von Prinz und Bonna statt. Immer wieder eine sehr schöne Veranstaltung in unserem Karnevalskalender. Alina war zum ersten Mal mit dabei und hatte offensichtlich viel Spaß. Für mich ein sehr schöner Abend, da sie nahezu die ganze Zeit an meiner Seite war und wir eine sehr intensiv Zeit miteinander hatten.
Neben dem Prinzenpaar war natürlich Alina für unsere Freunde das Gesprächsthema. Viele haben sich nach dem bevorstehenden Auslandsjahr erkundigt. Sie erhielt ausnahmslos Zuspruch und für mich war es schön, wie souverän und reif sie auf alle Fragen antwortete.