So ein Auslandsjahr ist nicht immer nur mit Sonnenschein verbunden. Es gilt, die Herausforderung zu meistern. Für beide Seiten – Eltern und Kind.
Heute morgen hatten wir ein nicht ganz so schönes Videotelefonat. Ich merke, dass du leicht gereizt bist. Welchem Umstand das geschuldet ist kann ich nur vermuten. Du bist jetzt seit fünf Wochen in Australien und hast schon eine Menge erlebt. Tausende Eindrücke gilt es zu sortieren und zu verarbeiten. Du wächst in ein neues kulturelles Umfeld hinein, lebst dich in eine neue Familie ein, kommst in ein neues Schulsystem und das alles in einer „fremden“ Sprache. Das kostet Kraft und Energie. Ich kenne das von mir, manchmal ist es dann einfach zu viel. Jeder entwickelt da seine eigenen Strategien und geht entsprechend damit um. Und jetzt wirst du aktuell auch noch mit Informationen über den Straßenkarneval aus Deutschland „befeuert“. Die Kadetten schicken dir beispielsweise eine Videobotschaft aus dem Karnevalszug. Das ist total lieb und sie zeigen dir, dass du ein Teil der Truppe bist – auch, wenn du gerade ein paar Kilometer weit entfernt bist. Aus Sorgen vor einer Heimwehattacke habe ich die Nachrichten gestern auf ein Minimum beschränkt, nur ein kurzes „Guten Morgen“ habe ich dir geschrieben. „Fotos bitte“ schriebst du. Eins habe ich dir geschickt. Ich wollte es bewusst vermeiden, dass du traurig wirst und Heimweh bekommst. Aber gar kein Foto zu schicken, fühlte sich für mich auch nicht richtig an. Eine Gratwanderung.
Ich frage mich, wie viel Kontakt ist richtig – wie viel ist gut? Die Empfehlung der Organisation lautet: Es braucht auf der einen Seite eine gewisse Unterstützung, aber auch einen gesunden Abstand von der Heimat. Zu viele Kontakte nach Deutschland oder gar ein Besuch von Freunden erschwert oder verhindert eine gute Integration in das Umfeld.
Aha, denke ich. Wirklich schlauer bin ich jetzt nicht. Wir werden es einfach weiter „ausprobieren“ und für uns spüren müssen, was gut für beide Seiten ist.